Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Katastrophenmedizin (DGKM) zur Krankenhausreform 2024: Fokus auf Versorgungskapazitäten im Katastrophenfall
Die DGKM begrüßt die Bemühungen der Bundesregierung, die Krankenhauslandschaft durch die Verabschiedung des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) zukunftssicherer zu gestalten. Insbesondere die Einführung von Vorhaltepauschalen, die unabhängig von der Leistungserbringung eine finanzielle Stabilität für bestimmte Einrichtungen schaffen sollen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dabei sehen wir erhebliche Herausforderungen in Bezug auf die Sicherstellung ausreichender Kapazitäten für Katastrophenszenarien.
Kritische Punkte:
- Reduktion der Klinikstandorte: Der geplante Umbau und Abbau von Krankenhäusern bergen die Gefahr, dass die Versorgung in ländlichen Regionen eingeschränkt wird. Dies könnte die Resilienz des Gesundheitssystems bei großflächigen Katastrophen schwächen, da vorhandene Kapazitäten bereits im Alltag an ihre Grenzen stoßen (z. während der COVID- 19-Pandemie).
- Fokus auf Effizienz statt Redundanz: Die Einführung von Leistungsgruppen mit strikten Qualitätsvorgaben ist aus fachlicher Perspektive sinnvoll. Jedoch fehlen konkrete Mechanismen, um in Krisenzeiten schnell auf die Versorgung in weniger spezialisierten Häusern zurückzugreifen. Ein stärkerer Fokus auf betriebswirtschaftliche Effizienz steht hier den Prinzipien der Katastrophenvorsorge, wie der bewussten Vorhaltung von Reserven,
- Der (Regel-)Rettungsdienst hat nachweislich bereits gegenwärtig seine Belastungsgrenzen erreicht. Die Reduktion von Klinikstandorten wird eine erhöhte Leistung in diesem Sektor zur Folge Es ist ein Anstieg von Interhospitaltransporten zu erwarten. Bei unzureichenden Kapazitätsbetrachtungen in diesem Segment, wird die Leistungsfähigkeit der Notfallversorgung Schaden nehmen.
- Fehlender Stresstest: Wie bereits von anderen Institutionen kritisiert, wurde die Reform nicht unter extremen Szenarien erprobt. Die Gefahr besteht, dass der geplante Umbau des Systems unter Katastrophenbedingungen unzureichend ist.
Vorschläge der DGKM:
- Stärkung der Versorgungsreserven: Es ist essenziell, zusätzliche Kapazitäten für Intensivbetten, Notfalleinrichtungen und Fachpersonal zu planen und zu finanzieren, unabhängig von der Alltagsauslastung.
- Integration in die Katastrophenplanung: Alle Krankenhausstandorte sollten Teil eines überregional koordinierten Netzwerks werden, das im Katastrophenfall schnell aktiviert werden kann.
- Wir brauchen ein 24/7 ressort- und ebenen-übergreifendes gesundheitliches Lagebild als Grundlage für ein Risiko- und Krisenmanagement. Dies würde eine ganzheitliche gesundheitliche Betrachtung von Vorbeugung, Vorbereitung, Reaktion und Nachbereitung von kritischen gesundheitlichen Lagen ermöglichen.
- Förderung von Aus- und Weiterbildung: Personal in Krankenhäusern sollte verstärkt für die besonderen Herausforderungen im Katastrophenfall geschult werden, um auch in Ausnahmezuständen eine qualitativ hochwertige Versorgung zu gewährleisten.
Die DGKM appelliert an die Politik, den Katastrophenschutz stärker in die Planungen einzubeziehen. Nur so kann eine flächendeckende und robuste medizinische Versorgung auch in Zeiten von Krisen gewährleistet werden.
Wir brauchen jetzt das Gesundheitssicherstellungsgesetz, um Ressourcen und Infrastruktur gezielt für Katastrophen- oder Zivilschutz-Lagen vorzuhalten. Dabei darf nicht nur die Krankenhauslandschaft betrachtet werden, sondern die Gesamtheit des Gesundheitlichen Bevölkerungsschutzes, der in Mangellagen, nationalbedeutsamen Großschadenslagen und auch im Bündnis- und Verteidigungsfall im katastrophenmedizinischen Modus arbeiten muss.
Die geplante strategische Bevorratung von Medikamenten, medizinischer Ausrüstung und einer besseren Koordinierung zwischen Bundesländern wäre ein wichtiger Schritt, um Versorgungsengpässe zu vermeiden.
gez. für die Deutsche Gesellschaft für Katastrophenmedizin (DGKM) e. V. 22.11.2024
Dr. Andreas Follmann Prof. Peter Bradl
Präsident Vizepräsident
Jürgen Schreiber. Dr. Roland Huf Generalsekretär (amt.) Schatzmeister